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Religion & Weltanschauungen

Personen Religion & Weltanschauungen
  • Einleitung
  • Wussten Sie, dass ...?
  • Vorteile für Unternehmen
  • Warum uns Religion mehr beeinflusst, als wir denken
  • Religion ≠ Religiosität
  • Welchen Einfluss Name und Religion auf die Jobchancen haben
  • Christentum in Öster­reich
  • Auch „Weltanschauungen“ spielen eine Rolle
  • Das Gesetz steht über allen Religionen
  • Menschen aller Religionen als Kundinnen und Kunden
  • Beispiele konkreter Maßnahmen
  • Quellenangaben

Einleitung

Religion betrifft uns alle. Unabhängig, wie sehr wir unseren Glauben leben oder meinen, überhaupt einen zu haben, hat dieser großen Einfluss auf das Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft und damit auch auf Unternehmen. Zahlreiche gesellschaftliche Regelungen und Bräuche, Feiertage und Gesetze, die ihren Ursprung in den diversen Religionen haben, prägen unser Handeln und unsere unmittelbare Umwelt. Und somit sind auch Unternehmen dazu aufgerufen, adäquat mit Fragen aus dem Bereich der „Religion und Weltanschauung“ umzugehen.

De facto wird das Thema Religion im Unternehmenskontext nur bedingt als relevant erachtet: Nur 24 Prozent der von brainworker 2018 befragten Führungskräfte aus 105 Betrieben gaben an, dass Religion und Weltanschauung „sehr relevante“ oder „eher relevante“ Aspekte ihres Diversity Managements sind.i

Die Zugehörigkeit zu einer Religion und der Glaube sind für die meisten Menschen ein nicht unwesentlicher Bestandteil ihrer Identität. Zwar steigt die Anzahl der Menschen ohne Bekenntnis in Österreich seit Jahren an, jedoch prägt Religion die Gesellschaft an sich, etwa was den Kalender, Brauchtümer oder Feiertage anbelangt. Auch Menschen, die keiner Religion angehören, leben religiöse Bräuche und Feste, beispielsweise Weihnachten, und richten ihr Handeln auf Basis ihnen zugrunde liegender, oft ursprünglich religiös geprägter Werte aus.

Die Mitgliedszahlen der in Österreich vertretenen Religionsgemeinschaften ändern sich laufend, weshalb eine Auseinandersetzung mit Religion für Betriebe immer bedeutender wird, will man nicht auf wichtige Arbeitskräfte, aber auch Kundenpotenziale verzichten.

Auch nicht-religiöse Weltanschauungen, seien es Lebensstile, Einstellungen oder etwa Ernährungsweisen, spielen sowohl im sozialen als auch im betrieblichen Miteinander zunehmend eine zentrale Rolle. Deren Wertschätzung und Berücksichtigung wird heutzutage vor allem von jungen Beschäftigten eingefordert. Wollen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auch von diesen Gruppen volle Leistungsbereitschaft, so ist ein entsprechend sensibler und professioneller Umgang mit diesen Erwartungshaltungen wesentlich.

Unternehmen, die sich nicht scheuen auch die Dimension „Religion und Welt­an­schau­ung“ zu einem Bestandteil ihres Diversity Managements zu machen, profitieren von einer offeneren Kultur im betrieblichen Miteinander und einer höheren Leistungsbereitschaft sowie vielen zusätzlichen Potenzialen.

Wussten Sie, dass ...?

es derzeit in Österreich rund 5,05 Millionen Katholiken, etwa 700.000 Muslime, rund 400.000 Menschen orthodoxen Glaubens und rund 300.000 Mitglieder der Evan­gelischen Kirchen gibt?ii
fast jede/r Fünfte keine Konfession hat und diese Gruppe daher die zweitgrößte „Religionsgruppe“ des Landes darstellt?
es in Österreich 16 anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften gibt?
es darüber hinaus noch neun staatlich einge­tragene Bekenntnis­gemeinschaften gibt?
diese Kerndimen­sion auch areligi­öse, philoso­phische und politische Weltan­schauungen umfasst?
seit 2001 die Angabe des Religions­bekenntnisses in Österreich bei Volks­zähl­ungen nicht mehr abgefragt wird?
jede/r Beschäftigte seit 2019 ihren/​seinen eigenen „per­sönlichen Feiertag“ wählen kann?
dieser „persönliche Feiertag“ nicht mit der eigenen Religions­zugehörigkeit in Zusammenhang stehen muss?
Jede Person über 14 Jahren in Österreich ihren Glauben frei wählen und ausüben darf?
das Gesetz in Österreich, anders als in anderen Ländern, über allen Religionen steht?

Vorteile für Unternehmen

Religion betriebsintern zu thematisieren, bereitet Unternehmen oftmals Unbe­hagen, wird als reine Privatsache oder als zu konfliktbelastet angesehen und deshalb oft nicht im Rahmen des Diversity Managements berücksichtigt. Allerdings finden sich in einer aktiven Beschäftigung mit und Wertschätzung von religiösen Zugehörigkeiten und Weltanschauungen der Beschäftigten Vorteile, die Sie nutzen sollten!

Größeres Potenzial an Beschäftigten

War Österreich immer stark von der katholischen Glaubenszugehörigkeit geprägt, so verändern sich seit geraumer Zeit die prozentualen Anteile aller Glaubensgemeinschaften hierzulande stetig. Nicht nur die Zahl der Mitglieder anderer als christlicher Religionen steigt, auch jene der Menschen ohne Bekenntnis. Soll das ganze Potenzial an möglichen Beschäftigten erschlossen werden, ist es wichtig, sich als Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber offen für andere Religionen zu zeigen und einen entsprechend sensiblen Umgang damit zu pflegen. Das eröffnet eine große Zahl an potenziellen Arbeits­kräften!

Höhere Leistungsbereitschaft

Wertschätzen Unternehmen alle Beschäftig­ten, ungeachtet ihrer religiösen Zugehörigkeit, und nehmen auf deren Vorlieben, Bräuche oder Praktiken Rück­sicht, so sorgt das auch dafür, dass diese im Arbeitsalltag zu einer höheren Leistung bereit sind.

Größeres Kundenpotenzial und höhere Erlöse

In vielen Bereichen beeinflusst der eigene Glaube auch das Kaufverhalten stark. Dies betrifft einzelne Warengruppen, z.B. im Lebensmittelhandel, ebenso wie das erhöhte Einkaufsvolumen von Produkten aller Arten anlässlich von religiösen Festivitäten. Durch das Berücksichtigen und Einbeziehen religiöser Traditionen in Ihr Marketing und Ihre Verkaufsstrategie lassen sich zusätzliche Umsätze generieren.

Eine offenere Unternehmenskultur und ein besseres Betriebsklima

Wird darauf geachtet, dass Beschäftigte unterschiedlicher Religionszugehörigkeiten und Weltanschauungen wertschätzend und offen miteinander umgehen, dann sorgt das für ein besseres Betriebsklima und weniger Konflikte untereinander.

Interkulturelle Kompetenz wird zu einer Basisanfor­derung

Eine globalisierte Wirtschaftswelt verlangt von Unternehmen und deren Beschäftigten die Entwicklung interkultureller Kompeten­zen. Nur Personen und Unter­nehmen, die sich gezielt und wertschätzend mit anderen Kulturen aus­einander­setzen, deren Spezi­fika, Vorlieben und Bräuche kennen, verstehen und entsprechend sensibel damit umgehen, können in einem internationalen Kontext adäquat reagieren und dadurch erfolgreich sein.

Warum uns Religion mehr beein­flusst, als wir denken

Die Wahl und Ausübung der eigenen Religion bzw. des eigenen Glaubens ist eine individuelle und sehr private Angelegen­heit, gleichzeitig hat Religion aber eine große Auswirkung auf das Berufsleben und die Gesellschaft an sich.

Religionen in Österreich

In Österreich besteht Religionsfreiheit. Jede Person darf also ab dem vollendeten 14. Lebensjahr selbst entscheiden, welcher Religion sie angehören will, wie sie diese ausüben will und ob sie das Glaubensbekenntnis wechseln will. In Österreich gibt es derzeit 16 anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften und neun staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaften, die jedoch im Unterschied zu den anerkannten Kirchen keine Körperschaft öffentlichen Rechts sind:iii

Anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften
Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (ALEVI)
Altkatholische Kirche Österreichs
Armenisch-apostolische Kirche in Österreich
Evangelische Kirche A.B. und H.B.
Evangelisch-methodistische Kirche in Österreich (EmK)
Freikirchen in Österreich mit verschiedenen Kirchengemeinden
Griechisch-orientalische (= orthodoxe) Kirche in Österreich mit verschiedenen Kirchengemeinden
Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich
Israelitische Religionsgesellschaft
Jehovas Zeugen in Österreich
Katholische Kirche
Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) in Österreich
Koptisch-orthodoxe Kirche in Österreich
Neuapostolische Kirche in Österreich
Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft
Syrisch-orthodoxe Kirche in Österreich
Staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaften
Alt-Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (AAGÖ)
Bahá'í – Religionsgemeinschaft Österreich (Bahai)
Die Christengemeinschaft – Bewegung für religiöse Erneuerung in Österreich (Christengemeinschaft)
Hinduistische Religionsgesellschaft in Österreich (HRÖ)
Islamische-Schiitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (Schia)
Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Österreich (Kirche der STA)
Griechisch-orientalische (= orthodoxe) Kirche in Österreich mit verschiedenen Kirchengemeinden
Pfingstkirche Gemeinde Gottes in Österreich (Pfk Gem.Gottes iÖ)
Vereinigungskirche in Österreich
Vereinigte Pfingstkirche Österreichs (VPKÖ)

Stand September 2019

Auch wenn seit 2001 keine Zahlen zur Religionszugehörigkeit mehr in der Volkszählung erhoben werden, so veröffentlichen einige Religionsgemeinschaften ihre Mitgliederzahlen auf frei­williger Basis. Demnach verteilen sich die Mitglieder der größten Religionsgemeinschaften in Österreich folgender­maßen:iv
  • rund 5,05 Millionen katholisch
  • rund 1,5 Millionen ohne Bekenntnis
  • rund 700.000 muslimisch
  • rund 400.000 orthodox
  • rund 300.000 evangelisch

Religion ≠ Religiosität

Denkt man an Religion, hat man meist die großen Weltreligionen im Kopf. Abgesehen davon, dass es mehr als diese gibt, werden Angehörige einer Religion zudem schnell als eine homogene Gruppe gesehen. Dabei sagt die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft noch nichts über die Ausübung und Bedeutung der eigenen Religiosität aus. Sowohl bei Christen, Muslimen, Juden und anderen Religionsangehörigen gibt es Unterschiede, wie wichtig den einzelnen Gläubigen religiöse Regeln und Riten sind und wie sehr diese aktiv gelebt und praktiziert werden. Zudem forcieren einseitige, mediale Berichterstattungen über einzelne Religionen Vorannahmen und Ängste.

Good Practice: Der Andachtsraum @ PORR AG
Logo PORR
In der Zentrale der PORR AG in Wien gibt es seit einigen Jahren einen Andachtsraum. Dieser überkonfessionelle Raum kann von all jenen Beschäftigten genutzt werden, die ihrem Wunsch nach religiöser Andacht nachkommen wollen. Seine Entstehungsgeschichte hat dieser Raum in der Zusammenarbeit des Unternehmens mit vornehmlich muslimisch geprägten Auftraggebern unterschiedlicher Länder, für welche die Verrichtung des Gebets auch während ihres Besuchs in Wien ein wichtiges Anliegen ist.

Der Wunsch religiöser Menschen, am Arbeitsplatz beten zu können, wird meist nur in Zusammenhang mit muslimischen Gläubigen thematisiert. Doch auch bei Christen und Menschen anderer Glaubensrichtungen findet sich dieses Bedürfnis. So gibt es in Deutschland rund 70 Unternehmen wie zum Beispiel Siemens, Continental, Bosch, Daimler, BASF, Volkswagen, Lufthansa, IBM, BMW – um nur einige zu nennen – mit christlichen Firmengebetsgruppen.v Im Rahmen dieser freiwilligen Vereinigungen kommen Menschen aus unterschiedlichen Glaubensrichtungen in der Firma zusammen, um gemeinsam für die Belange des Betriebes oder auch für persönliche Anliegen zu beten.

In österreichischen Unternehmen ist der Umgang mit Fragen der Religion und Weltanschauung sowie den diesbezüglichen Wünschen und Bedürfnissen der Belegschaft kaum Thema.

Good Practice: Raum der Stille @ Wirtschaftsuniversität Wien
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Der Raum der Stille an der WU ist als Ort für Ruhe, Rückzug, Gebet und Meditation in einem oft hektischen Universitätsalltag gedacht und für alle zu­gäng­lich. Michael Lang, Vizerektor für Personal, hat alle Uni-Bediensteten und Studierenden zu mehreren Dialogrunden über den Raum der Stille eingeladen, woraufhin mit einer Gruppe von 30 Personen mit unterschiedlichen weltanschaulichen und religiösen Hintergründen ein Prozess gestartet wur­de. Der Raum soll also zum einen Rückzugsort für Gebet und Stille sein, zum anderen eine Stätte des Dialogs zu Themen wie Religion, Spiritualität oder Meditation für Besucherinnen und Besucher.

Welchen Einfluss Name und Religion auf die Jobchancen haben

Religionsfreiheit umfasst auch, dass niemand aufgrund seiner Glaubensentscheidung benachteiligt oder verfolgt werden darf. Einige Untersuchungen hingegen, etwa jene, die von der Johannes-Kepler-Universität (JKU) in Linz 2016 durchgeführt wurdevi, zeigen ein anderes Bild, wie in der Praxis mit der Religionsfreiheit umgegangen wird.

Im Rahmen der genannten Studie wurden 1.474 Bewerbungen versendet, wobei in je einem Drittel der Unterlagen das Foto und der Name der sich fiktiv bewerbenden Dame verändert wurden. Die Quote der erfolgreichen Bewerbungen (hier ausgedrückt als Prozentsatz der Einladungen zu einem Vorstellungsgespräch im Verhältnis zur Anzahl der ausgesendeten Bewerbungen) spricht für sich selbst:

Abbildung 1 Prozentanteil der erfolgreichen Bewerbungen im Rahmen der Studie „Discrimination against Female Migrants wearing Headscarves“, 2016

Vor allem sichtbare Zeichen der ethnisch-religiösen Zugehörigkeit, etwa ein Kopftuch, aber auch lediglich ein fremdländischer Name, der mitunter die Zugehörigkeit zu einer bestimmten (Religions-)Gruppe vermuten lässt, haben starken Einfluss auf Chancen im Berufsleben. So hatte die Dame mit ausländisch klingendem Namen und Kopftuch bedeutend weniger Einladungen (4,2 Prozent) zu einem Vorstellungsgespräch erhalten als etwa die Dame mit österreichischem Namen und Foto (18,8 Prozent) bzw. die Dame ohne religiöse Kopfbedeckung (13,5 Prozent).

Good Practice: Arbeitskleidung @ IKEA
Logo IKEA
IKEA steht für eine offene Unter­nehmens­kultur, auch in Bezug auf unterschiedliche Herkünfte und Religionszugehörigkeiten der Beschäftigten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aufgrund ihres Glaubens eine Kopfbedeckung tragen, können dies natürlich auch im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit tun.
Praxistipp: Überdenken Sie Ihre Bilder im Kopf

Um wichtige Potenziale an möglichen Arbeitskräften (aber auch Kundinnen und Kunden) zu nutzen, reflektieren Sie Ihre eigenen gedanklichen Bilder und machen Sie sich bewusst, welche Auswirkungen die eigenen Annahmen über Religion möglicherweise auf Ihre Personalentscheidungen haben können.

Wichtige Fragen können sein:
  • Welche Annahmen habe ich über Zugehörige welcher Religionen?
  • Wer ist von diesen Annahmen besonders positiv oder negativ betroffen?
  • Welche religionsspezifischen Anliegen und Bedürfnisse vermute ich und welche wurden davon tatsächlich schon einmal geäußert?
  • Was davon ist „Hörensagen“ ohne dass ich dies schon einmal selbst erlebt hätte?

Das AMS verfügt über einen Leitfaden, welche Arbeitstätigkeiten im Sinne welcher Glaubensrichtungen „zumutbar“, also vereinbar mit den Grundsätzen der jeweiligen Religion sind.

Sie finden den AMS-Leitfaden unter:
http://www.forschungsnetzwerk.at/downloadpub/AMS-FRA_leitfaden_Vielfalt_Respekt_2017.pdf

Christentum in Österreich

Auch wenn in Österreich Kirche und Staat getrennt sind, so hat gerade das Christentum nach wie vor großen Einfluss auf die hiesige Gesellschaft. Von insgesamt 13 Feier­tagen, die in Österreich offiziell als solche im Gesetz definiert sind, haben zehn christlichen Ursprung. Nur der 1. Jänner, der 1. Mai und der 26. Oktober sind keine religiös begründeten Feiertage. Natürlich sind Religion und Tradition ebenfalls eng miteinander verbunden und so finden zu religiösen Feiertagen viele traditionelle Gebräuche einer christlich geprägten Gesellschaft statt, etwa zum Weihnachts- oder Osterfest, welche im Hinblick auf das Konsumverhalten auch für die Wirtschaft von großer Bedeutung sind.

Zudem gibt es noch andere Faktoren, die zeigen, dass gerade die katholische Kirche bzw. ein christliches Weltbild unseren Alltag prägen. Zu nennen wäre hier etwa das Kruzifix an der Wand, das nicht nur in vielen Betrieben zu finden ist, sondern in Schulklassen unter bestimmten Voraussetzungen noch immer gesetzlich angebracht sein muss.

Infobox: „Der persönliche Feiertag“vii
Seit dem Frühjahr 2019 hat jede beschäftigte Person in Österreich die Möglichkeit, einen „persönlichen Feier­tag“ zu definieren. Dieser Tag ist ein einseitig bestimmbarer Urlaubstag, wohingegen sonst Urlaub im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren ist. Arbeitgeber müssen das für diesen „persönlichen Feiertag“ gewählte Datum akzeptieren, sofern es drei Monate im Voraus schriftlich angemeldet wird. Ist es wichtig, dass die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer am gewählten Tag arbeitet und ist sie/er damit einverstanden, so fällt Feiertagsentgelt samt Zuschlag an und der (nun nicht konsumierte) Urlaubstag bleibt für einen anderen Zeitpunkt bestehen. Der „persönliche Feiertag“ muss nicht mit dem eigenen Religionsbekenntnis in Zusammenhang stehen. Sein Zustandekommen ist Ergebnis eines Gerichtsverfahrens rund um den bis dahin nur für einige Religionsgemeinschaften geltenden freien Kar­freitag, welcher mit dem Gleichbehandlungsgesetz nicht vereinbar war.
Praxistipp: Religiöse Feiertage in der Personalplanung berück­sichtigen

Im Großen und Ganzen folgt der Feiertagskalender in Österreich den christlichen Kirchen­festen. Mitglieder anderer Glaubensgemeinschaften haben hingegen an Feier­tagen ihrer Religion vielfach nicht frei.

  • Bemühen Sie sich, Urlaubswünsche für die Teilnahme an wichtigen religiösen Feiertagen Ihrer nicht-christlichen Beschäftigten zu berück­sich­tigen. Verständnis und Entgegenkommen in der Personalplanung schaffen hier viel Zufriedenheit.
  • Ist Ihre Belegschaft womöglich religiös durchmischt, so können sich gute Synergien finden lassen, etwa über den vermehrten Einsatz von nicht-christlichen Beschäftigten rund um Weihnachten, während diese dann an ihnen wichtigen Tagen Urlaub konsumieren können.
  • Besondere Zeiträume wie die religiös motivierte Fastenzeit können für Beschäftigte, denen es wichtig ist, diese einzuhalten, belastend sein. Nehmen Sie nach Möglichkeit darauf Rücksicht.
  • Wertschätzen Sie religiöse Feiertage und Festivitäten Ihrer Beschäftigten, etwa mit einer Gratulation.

Auch „Weltan­schau­ungen“ spielen eine Rolle

Wie der Titel dieser Dimension des Diversity Managements bereits verrät, geht es hier nicht nur um klassische Religionen, sondern auch areligiöse, philosophische oder politische Weltanschauungen. Anschauungsunterschiede zu Ernährung, zu politischen Themen und Geschehnissen oder aber zu Rollenbildern können in Teams häufig viel größere Konflikte bedingen als klassisch religiöse Einstellungen. Auch hierfür sollten Betriebe sensibel sein.

Praxistipp: Beim Essen scheiden sich die Geister – nehmen Sie also Rücksicht

Es gibt wohl wenige Themen innerhalb von Organisationen, über die so viel diskutiert wird, wie über das Essen. Gerade die Vorliebe für bestimmte Speisen, aber auch die Ablehnung von Lebensmitteln, die von bestimmten Personengruppen nicht gegessen werden, sind oft religiös bedingt und vielen Menschen wichtig. Hier können Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgeber jedoch leicht vorsorgen.

  • Gestalten Sie die Speisenauswahl Ihrer Betriebsküchen so, dass möglichst viele (religiöse) Bedürfnisse, wie z.B.: vegetarisch/vegan, halal oder koscher zubereitete Gerichte, abgedeckt sind.
  • Veranstalten Sie „Themenwochen“, in denen Sie bewusst Speisen unterschiedlicher Kulturen auf den Plan setzen und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Informationen über die Hintergründe, Zubereitungsart etc. dieser Gerichte anbieten.

Das Gesetz steht über allen Religi­onen

Ein wesentlicher Grundsatz in Österreich ist jener, dass das Gesetz auch über allen Religionen steht. Nicht überall auf der Welt ist dies der Fall. In zahlreichen Ländern gibt die Religion vor, was Recht und Unrecht ist. Auf einer moralischen Ebene tut sie dies sicherlich auch in Österreich, jedoch kann niemand in Österreich eine strafbare Handlung (beispielsweise das Schlagen von Frauen oder Kindern oder sogenannte „Ehren­morde“) über seine Religion recht­fertigen.

Praxistipp: Stellen Sie Ihre betrieblichen Grundwerte klar
Vielfach haben Unternehmen Angst davor, Menschen unterschiedlicher Religionen oder Weltanschauungen einzu­stellen, weil sie fürchten, dass dadurch Konflikte entstehen könnten. Sorgen Sie vor, indem Sie für Ihren Betrieb eigene Ihnen wesentliche Werte definieren. Ein offener Umgang mit­einander, die Gleichstellung und Gleichbehandlung von Frau und Mann, ein Verbot, andere Beschäftigte zu missionieren, vor allem, wenn sich diese davon gestört fühlen, und ein professioneller, mit den Unternehmenswerten im Einklang stehender Umgang mit Kundinnen und Kunden, Kolleginnen und Kollegen sowie Führungskräften können wichtige Botschaften sein, die Sie Ihren Beschäftigten vom ersten Arbeitstag an mitgeben sollten. Unsere Verfassung sieht die Religionsfreiheit übrigens nur soweit gegeben, als sie die Grundwerte Österreichs anerkennt.
Good Practice: Weltblick @ Internorm
Logo Internorm
Im „Weltblick-Magazin“ von Internorm spiegelt sich wider, was es heißt, ein internationales Unternehmen zu sein: Mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus beinahe zwei Dutzend Nationen ergibt sich ein breites Spektrum an Kulturen. Im Magazin kommen in der Rubrik „Cultural Talk“ Beschäftigte zu Wort und berichten über ihr jeweiliges Heimatland, ihre Kultur und darüber, wie heimisch sie sich in Österreich fühlen. Um die farbenfrohe Vielfalt der Kulturen bei Internorm noch deutlicher zu machen, sind im „Weitblick“ auch Rezepte verschiedener Nationalgerichte abgedruckt.

Menschen aller Religionen als Kundinnen und Kunden

Nicht außer Acht gelassen werden sollte auch der Aspekt, dass es für Unternehmen immer wichtiger wird, Menschen aller Religionen als Kundinnen und Kunden zu haben bzw. zu gewinnen. In vielen Bereichen sind die Religion und Weltanschauung hier kein einschränkender Faktor, sondern es wird vielmehr heutzutage zur Notwendigkeit, religiöse Unterschiede und Gepflogenheiten im Umgang mit Kundinnen und Kunden zu berücksichtigen. Nicht nur die aktive Wertschätzung, etwa an wichtigen religiösen Festen Glückwünsche zu überbringen, sondern auch das Anbieten konkreter Produkte und Dienstleistungen für Angehörige verschiedener Religionen – d.h. unter der Berücksichtigung ihrer jeweiligen religiös bedingten Vorlieben –, gehört dazu.

Beispiele konkreter Maßnahmen: Diversity Management und Religion/​Weltanschauungen

  • Berücksichtigung von Festtagen, Feiertagen, persönlichen Anlässen der Beschäftigten (in der Personalplanung, über aktive Wertschätzung etc.)
  • Policy und Schulungen für diskriminierungsarmes Recruiting, Beförderungswesen etc.
  • Policy für das Anbringen religiöser Symbole im Betrieb
  • Berücksichtigung von Wünschen der Religionsausübung (bei der Personalplanung, Pausengestaltung, Arbeitszeit etc.)
  • Anpassung der Verpflegung (Betriebsküche) an kulturelle Unterschiede und Vorlieben
  • Schaffen von räumlichen Möglichkeiten zur Verrichtung von Andacht oder Gebet
  • Berücksichtigen religiöser Vorlieben und Wünsche in der Produktentwicklung, im Marketing und Vertrieb

Quellenangaben

i
Vgl. brainworker: Studie Kulturelle Vielfalt in Unternehmen, 2018
ii
Seit 2001 wird die Religion bei der Volkszählung nicht mehr erhoben. Dementsprechend basieren diese Angaben auf den von den Religionsgemeinschaften freiwillig herausgegebenen Angaben und wurden gerundet.
iv
https://www.oesterreich.gv.at/themen/leben_in_oesterreich/kirchenein___austritt_und_religionen/3/Seite.820018.html, (Stand Juli 2019), sowie Österreichischer Integrationsfond 2017 bzw. *Kathpress 2018 bzw. °Evangelische Kirche in Österreich 2017
v
Vgl. Wirtschaftsverband Christen in der Wirtschaft, https://www.ciw.de/angebote/firmengebet/, (Stand September 2019)
vi
Vgl. Weichselbaumer, D.: IZA DP No. 10217 – Discrimination against Female Migrants wearing Headscarves, 2016
vii
Vgl. §7a Arbeitsruhegesetz (ARG) idgF

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